Donnerstag, 8. April 2010

Ein Tokoloshi im Osterei

Hoppel, Hoppel, Hoppel,
Ostern! Es gibt übrigens auch Hasen in Namibia – dies als Informationen für die, die es interessiert. Stellt man sich jetzt ja nicht unbedingt als erstes vor… Ansonsten feiert man auf Krumhuk Ostern noch intensiver als in Deutschland. Beginn: Morgens um halb sechs - Spaziergang. Weil wir was entfernt vom Kern sind, haben wir uns das geschenkt. Man nennt das meditatives Sonnenaufgang anschauen – und es muss auch was davon haben.
Ostereier suchen war auch so richtig, weil meine Großmutter noch Lindt-Leckereien hier gelassen hat, mein Körbchen war auf dem Autoreifen versteckt – raffiniert…
Nun ja. Etwas anderes geistert in diesen Tagen und eigentlich auch sonst immer im Land herum. Die so genannten Tokoloshis. Kleine Geister, die verschiedene Gestalten annehmen können und sich meist durch verstorbene Menschen herumtreiben. So Tokoloshis sind meist mit negativer Energie behaftet, aber laut unserem Himba, gibt es auch positive Tokoloshis – und so einer ist seiner, den er momentan in die Gestalt eines toten Affenschädels gesteckt hat und der den Platz am ATC mit guter Energie füllt.
Der Glaube ist an Tokoloshis ist hier unter den Afrikanern beinahe 100% geteilt. Nachts alleine in einem Haus wohnen ist für die meisten unvorstellbar und alleine durch die Gegend spazieren, wenn nur noch Mond und Sterne für bikkie Licht sorgen – is auch nicht. Könnten ja Angriffe kommen. Und es ist so, dass die, die dran glauben die Tokoloshis auch tatsächlich zu Gesicht bekommen und sich dann fürchten.
Es sind noch keine Meldungen bekannt, dass sich ein Tokoloshi in eines der gefundenen Ostereier reingeschleust hat und nun innerlich sein Unwesen treibt – aber theoretisch wärs möglich.
Abrakadabra – für mich bleiben die Dinger ein Märchen, nur unterschätzen sollte man sie wahrlich nicht…

Harndrang

Manchmal ist man doch immer wieder überrascht und kann nur relativ ungläubig drein blicken – hier in Afrika.
Samstagnachmittag, 16h: Globalisiertes Fußballspielen überall. In der Bundesliga, in Ligen der ganzen Welt und auch vor meiner Haustür beim Kleinturnier in Aris, an dem auch das ATC teilgenommen hat.
Eigentlich eine sensationelle Geschichte: Etwa 6 Teams (teils tatsächlich 200km angereist), die den Besten untereinander ausmachen. Der Grund ist ein bisschen ernüchternder: Es geht ums liebe Geld. 600 Namibian Dollar (60€) muss jedes Team zahlen um dabei zu sein – der ganze Topf geht später an das Gewinnerteam, selbst der Zweitplatzierte geht leer aus. Das hat zur Folge, dass fünf Mannschaften immer wieder betröppelt nach Hause gehen, leider allerdings keinerlei Lehren daraus ziehen. Das nächste Mal werden sie wieder investieren. „Stell Dir mal vor wenn wir mal gewinnen“ sagt mir Kandundu, aus dem ATC. Das sie bisher immer verloren haben, blendet er aus. Und ich weiß nicht, ob er weiß wie oft sie gewinnen müssten um die alten Verluste wieder rein zu bekommen…
Erstaunlich auch, wie es das Team immer wieder aufs Neue schafft, dass Antrittsgeld zu organisieren. „We zula“ sagen sie mittlerweile scherzhaft, was so viel heißt wie: „Wir kriminalisieren uns das…“. Im Prinzip will ich gar nicht genau wissen, woher es kommt. Jedenfalls sind sie immer beleidigt, wenn man selbst ablehnt sie finanziell zu unterstützen. Aber die Erfolgsaussichten sind halt mau und als Dietmar Hopp kam ich auch nicht auf die Welt…
Kurz vor Anpfiff bin ich dann endgültig baff. Beide Mannschaften stehen auf dem Platz, ein Mann, allem Anschein nach der Schiedsrichter, kommt langsamen Schrittes in Richtung Anstoßkreis.
Das Team aus der Omaheke Region (Hereroland), scheint bis auf einen Mitspieler bereit zu sein. Diesem drückt die Blase. Und anstatt auf der Seite einen der zahlreich vorhandenen Hakibüsche zu besuchen, lässt er plötzlich vor den Augen aller Besucher und Teams, seine Sporthose herunter und strullert, pinkelt, uriniert mitten auf den Platz. Die umliegenden Menschen scheinen das zu kennen, jedenfalls verzieht niemand eine Miene und mein ungläubiges Nachfragen, was denn der junge Mann da macht – wird mit einem schmunzeln ignoriert. An einen Zweikampf an genau dieser Stelle möchte ich besser nicht denken.
In dieser Woche haben wir Besuch von meiner Großmutter, meiner Tante, sowie von ihrem Mann. Letzterer, der Heinz – ist mit langjähriger Erfahrung als Chorleiter angereist und wollte mit mitgebrachten Liedern unseren Shukusha-Chor perfektionieren. Die unterhaltsamste Chorprobe, die es je gab, haben wir dann am Mittwoch abgehalten. Fantastisch wie Afrikaner singen können, aus dem Bauch, nicht vom Papier und so waren die neuen Lieder rhythmisch und Lautstärketechnisch eine Herausforderung, die zu meinem Glück chaotisch und irrsinnig unterhaltsam gewesen ist. Am Ende bleibt aber auch die Erkenntnis, dass sie schnell lernen können und – Zitat Heinz: „einige übermäßig talentierte Stimmen drunter sind“.